Die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs in ihrem Ausmaß und ihrer Grausamkeit hinterließen eine deutliche Spur in der Kunst nach 1945. Solche Werke, die auf dramatische und oft sehr private Kriegserfahrungen Bezug nehmen, wurden lange nach Kriegsende geschaffen und nahmen höchst unterschiedliche Formen an: Von symbolischen Denkmälern, die den großen Mut der Helden zelebrieren, bis hin zu höchst dramatischen Erzählungen über Nazi-Lager und den allgegenwärtigen Tod. Die Künstler verstanden ihre Werke als eine Art und Weise, Zeugnis abzulegen oder zutiefst verborgene, komplizierte Gefühle auszudrücken.
Die dramatischen Kriegserfahrungen hatten einen großen Einfluss auf die Kunst nach 1945. Diese wurde sowohl von Überlebenden als auch nachfolgenden Künstlergenerationen geschaffen und stand bei letzteren oft unter dem Einfluss der traumatischen Erlebnisse der eigenen Eltern oder Großeltern. Während des Krieges war Kunst übrigens auch in den Nazi-Lagern präsent, dort diente sie als Gegengewicht zum Leben im Lager und als ein Mittel, darüber Zeugnis abzulegen.(1) Trotzdem trat erst nach Ende des Krieges eine Freiheit des Schaffens ein sowie die Möglichkeit, diese schwierigen Erlebnisse und die dazugehörigen Gefühle ganz ausdrücken zu können. Werke, die sich auf den Krieg oder den Holocaust beziehen, sind nicht einheitlich in ihrer Form, da von den Urhebern jedes Mal sehr intime, persönliche Erfahrungen und ihre eigene Familiengeschichte reflektiert werden. Deshalb werden die Erfahrungen und Erinnerungen individuell übermittelt.
Infolgedessen erschienen gleich nach dem Krieg einerseits packende, formell asketische Werke wie die Serie „Hinrichtungen“ von Andrzej Wróblewski, welche die Gefühle des Publikums durch eine in Folge der extremen Reduzierung der künstlerischen Mittel entstandenen Brutalität berührt. Andererseits gibt es jedoch eine Reihe späterer Werke, die darauf abzielen, den Betrachter auf eine häufig etwas zugänglichere Art und Weise von den Schrecken des Krieges zu berichten. Das beste Beispiel hierfür ist die Graphic Novel „Maus“ von Art Spiegelman.

Die Serie „Hinrichtungen“ (1948-49) von Wróblewski, bestehend aus acht Gemälden, ist bis heute eines der symbolischsten bildenden Werke, welches unter Einfluss persönlicher Kriegserfahrungen geschaffen wurde. Wróblewski war zwölf Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg ausbrach; dies hatte einen entscheidenden Einfluss auf seine Wahrnehmung der Ereignisse. In seinen Gemälden zeigt der Künstler Hinrichtungsszenen aus der Perspektive eines Kindes, daher ist in vielen der Werke ein Junge anwesend. Auf der Suche nach einer angemessen Art, die Grausamkeit der Erschießungen auszudrücken, entschied sich Wróblewski dafür, sie auf eine realistische, bildliche Weise darzustellen, also auf eine menschliche Gestalt Bezug zu nehmen. Trotzdem ist seine Interpretation des Realismus sehr individualistisch und weicht von den Prinzipien der „Väter des Realismus“ aus dem 19. Jahrhundert ab. Als ein Befürworter von sozial engagierter Kunst blieb Wróblewski bei der Figuration, aber reduzierte alle anderen Aspekte des Gemäldes radikal. Dies sollte der Aufmerksamkeit des Betrachtenden mehr Scharfsinn verleihen und lebendige Gefühle erwecken. In jedem nachfolgenden Gemälde der Serie scheint der Künstler in Hinsicht auf die Entstehung der Komposition einen Schritt weiter zu gehen. „Hinrichtung 2“ zeigt eine Gruppe von Menschen, die auf den Tod warten; ihre Darstellung wird durch eine geringe Vereinfachung charakterisiert, trotzdem signalisieren die Farben und die Art, wie die Menschen gezeigt werden, noch nicht, was in anderen Werken der Serie mit ihnen passieren wird. Eines der packendsten Nachkriegs-Gemälde von Wróblewski ist „Hinrichtung 5“, dessen wichtigster Protagonist ein Junge ist, der einen lange Schatten wirft. Neben ihm steht ein großer Mann (sein Kopf „passte nicht in den Rahmen“ – der Künster verkürzte absichtlich den Bereich der Darstellung) und ein anderer, der buchstäblich auseinandergefallen ist. Das ganze Bild zeichnet sich durch kühle Blautöne aus, welche für Wróblewski den Tod symbolisieren. Dieses Gemälde geht weit über die „Abbildung von Ereignissen“ hinaus. Die ganze Serie ist in ihrer äußerlichen Einfachheit eine visuelle Betrachtung über die Grausamkeit des Todes und menschliche Einsamkeit in der Erwartung des unvermeidlichen Endes, ebenso wie über den Zerfall – wortgetreu, also als ein von Kugeln niedergemetzelter Körper, aber vor allem metaphorisch – den Zerfall eines Mannes, der den Krieg überlebt, sich aber selbst wiederherstellen muss, um weiterleben zu können. So, wie es auch auf den Künstler selbst zutraf.

Art Spiegelmans „Maus“ ist wiederum ein Beispiel für einen ganz anderen visuellen, erzählenden Zugang zum Krieg und zum Holocaust. Es ist eine Graphic Novel, eine ursprüngliche und großteils aus den bildenden Künsten inspirierte Art des Comics, welche wichtige Themen aufgreift. Der erste Band „Maus. Die Geschichte eines Überlebenden“ wurde 1986 in den Vereinigten Staaten veröffentlicht. Der Comic-Roman basiert auf den Erlebnissen des Künstlers selbst; er war der Sohn eines polnisch-jüdischen Holocaust-Überlebenden. Obwohl alle Charaktere metaphorisch als Tiere dargestellt wurden, ist „Maus“ reich an dramatischen oder sogar drastischen Szenen, die beabsichtigen, die wahre Natur des Menschen offenzulegen. Selbst die Auswahl der Tiere, die die verschiedenen Nationalitäten repräsentieren, zielt gleichermaßen darauf ab, gewisse Charaktereigenschaften und Gesinnungen anzudeuten. Das Werk von Spiegelman ist eine der originelleren Arten, der Welt das von seinem überlebenden Vater abgelegte Zeugnis zu überbringen. Gleichzeitig drückt es durch die Kunst die Gefühle des Künstlers aus, mit denen er als Kind eines Überlebenden umgehen musste. Obwohl „Maus“ nach der Veröffentlichung des ersten von zwei Bänden viele Kontroversen hervorrief (Spiegelman wurde unter anderem vorgeworfen, das falsche Medium für die Übermittlung eines solchen Inhalts gewählt zu haben), war der Comic schließlich dank seiner sparsamen und treffenden Form erfolgreich und trug so wesentlich zur weiten Verbreitung des Wissens über den Holocaust bei.

Die hier erläuterten Beispiele von Nachkriegs-Kunst, die sich direkt auf die Kriegszeit und Erfahrungen des Holocausts beziehen, stellen zwei verschiedene Arten dar, mit dem Trauma umzugehen. Zwischen ihnen existiert ein breites Spektrum an Werken, die genau wie zahlreiche Museen und Denkmäler darauf abzielen, an die Vergangenheit zu erinnern. Außerdem reflektieren sie, welche Spur solche dramatischen Augenblicke der Geschichte in Kultur und im zeitgenössischen Leben hinterlassen.

Verweis:
1. http://www.auschwitz.org/galeria/sztuka-obozowa-i-poobozowa/